Deutschlandreise

September 13, 2020 Aus Von Elsa

Vor zwei Jahren hatte ich bereits eine kleine Deutschlandreise gemacht, bei der Freunde besuchen im Fokus stand. Dementsprechend sah ich viele Städte und Autobahnen aber wenig Natur. Inspiriert von dem Film „Heimreise“, den ich letztes Jahr im Kino sah, in dem zwei junge Männer mit ihren VW-Bussen quer durch Deutschland reisten, beschloss ich, dieses Jahr auch mal Deutschland zu erkunden. Mein erstes Ziel war der Gespensterwald bei Rostock. Als ich auf dem Parkplatz mein Klapprad zusammenbaute, kam eine Frau angefahren und machte mich in sehr unfreundlichem Tonfall darauf aufmerksam, dass hier kein Campingplatz sei. Nach diesem Auftritt war mir jegliche Lust, hier zu übernachten, vergangen und ich entgegnete, dass ich nur zum Strand und nicht übernachten wollte. Sie starrte mich entgeistert an und wendete sich dann einem Ehepaar zu, das in der Ecke des Parkplatzes im Liegestuhl vor seinem Wohnmobil entspannte.
Ich machte mich auf den Weg in den Wald. Der Weg schlängelte sich an schnörkeligen Buchen durch den Wald. Hinter den Bäumen glänzten Sandstrand und tiefblaue Ostsee um die Wette. Allerdings war das Vergnügen recht kurz, da der Waldabschnitt nur sehr klein war. Der Weg führte hinter dem Wald noch ein Stück übers Feld, direkt an der Ostsee entlang. Angesichts der dunklen Gewitterwolke, die langsam immer näher kam, entschloss ich mich jedoch für den Rückweg und fand einen netten Stellplatz bei einer Surfschule, direkt am Darßer Bodden.
Am nächsten Morgen ging es weiter zur Südspitze Rügens. Prächtige Alleen führten vorbei an gelben Getreidefeldern, die mit ihren roten und blauen Mohn- und Kornblumentupfen einen malerischen Anblick boten. Die Südostspitze Rügens überraschte mit außergewöhnlich wilder, unberührter Natur. Weite, grasbewachsene Hügel- und Heidelandschaften reichten auf schmalen Landzungen in die Ostsee.
Als Quartier für die nächsten Tage wählte ich einen Naturcampingplatz im Nationalpark Jasmund, auf dem ich bereits vor mehreren Jahren war.
Der Ausflug zu den Kreidefelsen war wieder sehr schön und wegen des Frühsommers war noch nicht so viel los, sodass ich nach ein paar Kilometern Fußmarsch Richtung Sassnitz, den Weg fast für mich alleine hatte. Immer wieder bot sich zwischen den Bäumen hindurch ein schöner Anblick auf die prächtigen Kreidefelsen. In Sassnitz nahm ich angesichts der herannahenden dunklen Regenwolken den Bus zurück.
Den nächsten Tag verbrachte ich auf der Autobahn auf dem Weg in die Sächsische Schweiz, wo ich zwei Tage wandern wollte. Von meinem Stellplaz aus hatte ich einen schönen Blick über das Elbtal mit seinen weiten, dunkelgrünen Nadelwäldern und den Tafelbergen aus schwarzem Sandstein.
Die erste Wanderung führte in einem größeren Kreis um die Bastei herum. Obwohl ich früh startete, merkte ich schon, dass der Tag heiß werden würde. Der Weg führte immer tiefer in den Wald hinein. Blaubeersträucher und Fingerhüte säumten den Weg. Schließlich stand ich an einem Abgrund, den eine schmale, in den Stein gehauene Treppe hinabführte. Unten fand ich mich in einem Canyon wieder. Der Weg schlängelte sich zwischen steilen Felsmauern aus Sandstein, die zum Teil dick mit Moos bewachsen waren, durch. Dichte Farne hingen von den Wänden und Bäume krallten sich an schmalen Felsvorsprüngen fest. Hier unten war es wie in einer Parallelwelt und eine Wildnis, die ich in Deutschland nicht vermutet hätte. Der Weg führte über Stock und Stein: mal musste man ein paar Felsen hinauf klettern, sich durch Felsspalte quetschen, unter Felsblöcken hindurchkriechen oder kleine Höhlen durchqueren.
Schließlich fand ich mich in einem kleinen, herausgeputzten Dorf an der Elbe wieder. Die Sonne brannte vom Himmel und der Weg führte steil bergauf bis zur Bastei, wo sich die Massen tummelten. Zum Glück hatte ich die Brücke schon am Vorabend besucht, wo kaum Menschen dort waren, sodass mir das Getümmel nun erspart blieb. An den Schwedenlöchern ging es wieder unzählige Treppen bergab. Je tiefer ich kam, desto kühler wurde es. Gefühlt hatte ich den Elbspiegel längst unterschritten und befand mich in einem angenehm kühlen Urwald-Keller. Da der Bach, an dem der Weg endete, in die Elbe floss, wusste ich, dass ich wohl noch leicht über dem Elbspiegel sein musste.
Die zweite Wanderung war etwas kürzer und ging auf den Lilienstein. Der Anstieg war zunächst moderat und wurde dann kurz recht steil, als es die Felswände hinauf ging. Oben auf dem Berg war es deutlich wärmer, da hier kein Mikroklima herrschte, wie in den tiefen Wäldern um die Bastei. Dafür reichte der Blick im Nordwesten bis Dresden und im Südosten über die unberührten, wilden Wälder der böhmischen Schweiz. Dazwischen schlängelte sich die Elbe wie ein silbernes Band.
Der Handyempfang war überall sehr schlecht und dementsprechend langsam war auch das Internet, was mich auf dem Land und im Wald zunächst nicht sonderlich verwunderte. Als ich aber mitten im Dorf auch kaum Empfang und nur langsamstes Internet hatte, konnte ich verstehen, warum sich manche Menschen abgehängt und vergessen fühlen, wenn es überall in Deutschland schnelles, mobiles Internet gibt, nur hier nicht.
Auf dem Weg nach Süddeutschland machte ich einen Zwischenstopp in der fränkischen Schweiz, wo ich eine Freundin traf. Ich fand den schönsten Freistehplatz der ganzen Tour, an einem wenig befahrenen Feldweg, in einer kleinen Lichtung im Wald. Freistehen war nicht so einfach, da das Übernachten an den beliebten Orten in Deutschland aufgrund von Nachtparkverboten, Höhenbegrenzungen oder Campingverbotsschildern unmöglich ist und kleine Feldwege oft nicht mit dem Auto befahren werden durften. Die Coronasituation und die damit verbundene Tatsache, dass gefühlt alle mit dem Wohnmobil unterwegs waren, machte die Sache nicht leichter. Meist findet sich aber doch irgendwo ein Parkplatz, an dem man für eine Nacht bleiben kann. Umso mehr freute ich mich, als mitten in der fränkischen Schweiz keine Fahrverbotsschilder an den Feldwegen waren und ich einen schönen Platz mitten in der Natur fand. Die paar Radfahrer und Spaziergänger störten sich nicht im Geringsten daran, dass wir zwischen den Autos Abendbrot aßen.
In Süddeutschland verbrachte ich drei Tage in Mittenwald und Umgebung. Zum Glück konnte ich hier bei Freunden übernachten, ansonsten wäre der Campingplatz wohl Pflicht geworden, denn Freistehen war hier unmöglich.
Das erste Ziel war das Isartal und der nahegelegene Sylvensteinspeicher. Die türkis schimmernde Isar schlängelte sich durch ein breites, schneeweißes Flussbett, das von hohen Bergen umgeben war. Die Landschaft war hier so wild, dass man sie gar nicht mehr in Deutschland vermutete.
Im Sylvensteinspeicher staute sich das türkise Nass zu einem See, an dem viele Menschen den heißen Sommertag genossen.
Am nächsten Tag ging es in die Höllentalklamm. Ein schmaler Weg war an einem Bachbett entlang in den Stein gehauen und führte teils auf Metallbrücken, teils durch Tunnel eine enge Schlucht hinauf. Unter dem Weg toste das Wasser, von oben tropfte es und es wäre gut gewesen, eine Regenjacke oder einen Schirm anzuhaben, woran wir aber angesichts des heißen Sommerwetters nicht gedacht hatten. Die wärmenden Sonnenstrahlen reichten nicht bis in die Schlucht und schon gar nicht in die Tunnel, weshalb uns am Ende der Schlucht kalt wurde und wir die warmen Pullover aus den Rucksäcken holten. In der Höllentalangerhütte stärkten wir uns mit Kaspressknödelsuppe, Topfenstrudel mit Vanillesauce und Blaubeerbuttermilch und genossen den Blick auf das unberührt scheinende Tal. Ein ausgetrocknetes Bachbett war von kleinen Fichten und Latschenkiefern gesäumt, hinter denen die hellgrauen Felsflanken des Zugspitzmassivs in den Wolken verschwanden.
Beim Abstieg hatten wir die Höllentalklamm fast für uns alleine. Ein Tipp, der sich fast überall bewähren sollte: viel besuchte Touristenhotspots in den Randzeiten (früh morgens oder abends) besuchen. Hier sind nicht nur wenige Leute unterwegs (die meisten schlafen noch oder sitzen beim Abendbrot) sondern das Licht ist besonders schön für gute Fotos.
Der Eibsee ist wohl auch als die Karibik der Alpen bekannt. Der See liegt am Fuße der Zugspitze, eingerahmt zwischen Bergen und Wäldern und das Wasser schimmert in allen Grün-, Türkis- und Blautönen, die man sich vorstellen kann. Dank der instabilen Wetterlage war nicht viel los und ich begegnete auf dem Rundweg nur wenigen Leuten. Der Regen kam aber erst nach dem Mittagessen, als ich schon im Auto saß und Richtung Schwäbische Alb rollte.
In der Schwäbischen Alb fand ich einen wunderschönen Stellplatz am Ende eines Feldweges, direkt am Waldrand. Leider durfte ich dort nicht übernachten, der Jäger, der mich am späten Abend wegscheuchte, meinte, ich stünde direkt in der Schusslinie und verwies auf die umstehenden Hochstände. Ich denke, er war eher genervt von den vielen Campern, die irgendwo in der Natur stehen und leider oft ihren Müll hinterlassen, worunter alle anderen vorbildlichen Camper leiden müssen. Aber das Argument mit der Schusslinie überzeugte mich und so verbrachte ich die Nacht lieber auf dem öffentlichen Parkplatz.
Die Wanderung durch das obere Donautal war sehr schön. Der Naturpark erinnerte mit der Donau, die auch hier einen Canyon in die Landschaft geschliffen hatte, ein wenig an das Elbetal in der sächsischen Schweiz und war doch ganz anders. Die weißen Kalkfelsen schimmerten durch den sattgrünen Mischwald. Auch hier gab es viele Wildblumen, auch solche, die ich bisher noch nie gesehen hatte, wie z.B. wilde Lilien.
In den Kalkfelsen gab es riesige Höhlen, die auch begehbar waren. Eine reichte bis 400m in den Berg hinein und ich hatte große Lust, sie zu begehen. Eine Stirnlampe hatte ich auch extra dafür eingepackt, nur leider hatte ich vergessen, die Batterien vorher zu wechseln und konnte im funzeligen Licht, für das die Energie der Batterien gerade noch reichte, kaum etwas erkennen, weshalb ich doch lieber an der Erdoberfläche blieb.
Die Nacht verbrachte ich auf einem Bauernhof und testete dort Landvergnügen, eine Verbindung von Bauernhöfen, Weingütern und Gasthöfen, die für Wohnmobilisten Stellplätze zur Verfügung stellten. Für einen Jahresbeitrag von 30,00€ konnte man eine Vignette erwerben und sich über eine App Stellplätze in der Nähe suchen. Eigentlich eine schöne Idee, doch leider für mich nicht so praktikabel, da ich oft nicht im Voraus sagen kann, wann ich am nächsten Abend wo bin, die Höfe aber gerne 24 Std. im Voraus eine Anmeldung hätten. Hier klappte es. Der Hof war schön, es gab Wasserbüffel und einen Hofladen, in dem es Käse aus Kuh- und Büffelmilch und allerlei andere Leckereien, die auf dem Hof hergestellt wurden, zu kaufen gab. Der Stellplatz bot einen schönen Blick über die sanften Wiesen und die grasenden Wasserbüffel. Allerdings hatte ich aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zu Kuhstall, Jauchegrube und Tieren Millionen von Fliegen im Bus, von denen ich die Hälfte am Abend erschlagen musste. Dann gab ich es auf, sperrte den Großteil der verbbleibenden Fliegen im Fahrerhaus ein und hatte eine unerwartet ruhige Nacht. Auch am Morgen wurde ich nicht von den Fliegen geweckt. Allerdings begleiteten mich zwei Fliegen noch bis nach Hause. In den nächsten Tagen fand ich immer wieder tote Fliegen und ihre Hinterlassenschaften an den Vorhängen werden mich wohl noch länger an diesen Hof erinnern. Ein Fliegengitter wäre vorteilhaft gewesen.
Bei den Bad Uracher Wasserfällen war wieder etwas mehr los, aber auch hier häuften sich die Menschen vor Allem vor den Wasserfällen, die sanft zwischen saftig grünem Gras und dicken Mosteppichen die Felswand hinunter plätscherten. Im Wald wuchsen Farne und Gräser, die ich als Zimmerpflanzen kannte, aber noch nie in ihrem natürlichen Lebensraum gesehen hatte.
Über den Schwarzwald, wo ich die Nacht bei meinem Bruder verbrachte, fuhr ich weiter in die Eifel. Die Geierlay-Brücke war eher Tourismus zum Abgewöhnen. Schon einige Kilometer vor Mörsdorf, dem Ausgangspunkt der Wanderung zur Hängeseilbrücke, war das Parken durch Schilder am Straßenrand verboten, sodass man gezwungen wurde, den gebührenpflichtigen Parkplatz im Dorf zu nutzen. Mindestparkdauer waren dort zwei Stunden für 5€, jede weitere angefangene halbe Stunde kostete 1 Euro extra. Angesichts mangelnder Alternativen ließ ich meinen Bus dort stehen und reihte mich in die Karawane ein, die zur Brücke pilgerte. Der Blick auf die Landschaft und die umliegenden Dörfer wäre schön, wären da nicht so viele Windräder, die der Landschaft ihre Schönheit raubten.
Auf dem kurzen Weg zur Brücke gab es Verkaufsstände mit Getränken und Snacks, die den Wanderern von Marktschreiern hochpreisig angeboten wurden.
Im Wald vor der Brücke zeigte sich das Toilettenproblem des Landes. Statt nach skandinavischem Beispiel an jeder Ecke ein Plumpsklo aufzustellen, sind öffentliche Toiletten in Deutschland eher Mangelware, was zur Folge hat, dass überall dort, wo Menschen sind, auch viel Klopapier im Gebüsch landet. Mit der Einführung der Hundekotbeutel scheinen die Menschen unfähig im Umgang mit ihren eigenen Hinterlassenschaften geworden zu sein. Zumindest war der Boden zwischen den Bäumen soweit das Auge reichte, mit Klopapier übersät. Dabei wäre es doch das Einfachste, die Hinterlassenschaften mit einem überall erhältlichen Hundekotbeutel aufzusammeln und im nächsten Mülleimer zu entsorgen.
Vor der Geierlay-Brücke hielt die Security die Karawane auf und erklärte den Wanderern, dass das Betreten der Brücke erst in einer Stunde möglich sei. Wegen Corona dürften nicht so viele Menschen gleichzeitig auf die Brücke, weshalb die Brücke im stündlichen Wechsel für jede Seite geöffnet werde. Nach 10 Minuten war der Platz vor der Brücke mit Menschen überfüllt. Ich dachte an mein Parkticket, das in einer Stunde auslief, die weiteren Parkgebühren und hatte angesichts der Menschenmassen, die mir die Ruhe beim Fotografieren rauben würden, gar keine Lust mehr, die Brücke zu besichtigen. Ohne die Brücke betreten zu haben, ging ich zurück zum Parkplatz. Der Parkautomat sagte einem die zu bezahlende Summe in einer Lautstärke, die auch noch alle anderen in der Warteschlange hören konnten und nicht wenige fluchten laut, als der Automat 10 Euro haben wollte. Ich kam mit meinen 5 Euro noch günstig davon und Verlies Mörsdorf Richtung Moseltal.
Auf der anderen Seite der Mosel brachte ich meinen neuen Bus auf der steilen Weinbergstraße etwas an seine Grenzen und fand oben auf dem Berg, nahe der Burg Eltz einen schönen Wohnmobilstellplatz.
Die Burg besichtigte ich am Abend. Leider war sie schon geschlossen und daher nur von außen zu bewundern, dafür waren aber kaum Menschen dort und die untergehende Abendsonne tauchte alles in ein warmes Licht. Die Burg ist wohl der Inbegriffe einer Ritterburg. Sie thronte auf einem kleinen Hügel in einer Eltz-Schleife. Größere umstehende Hügel beschützten die Burg, sodass sie aus dem Umland nicht sichtbar war. Die Burg  war aus schweren Steinplatten erbaut, die zierlichen Gebäude und die schmalen Türmchen waren aus rot-weißem Fachwerk gebaut und bildeten einen verspielten Kontrast zu den schweren Steinmauern.
Das nächste Ziel war der Trutoburger Wald. Da es keine Autobahn gab, die direkt dorthin führte, wählte ich die Landstraße. So kam ich zwar langsamer voran, merkte aber, wie die Landschaft sich mehr und mehr veränderte. Das hügelige Agrarland der Eifel flachte etwas ab und die Waldstücke, die bei der Burg Eltz eher rar waren, wurden immer mehr. Die alten schmalen Schieferplatten, aus denen die Häuser im Moselland gebaut waren, wurden von massiven Steinblöcken abgelöst. Auch die Bauweise des Fachwerks änderte sich und mir war gar nicht bewusst, dass es so viele Baumöglichkeiten für Fachwerk gab. Bei den Kirchturmspitzen bekam ich unterschiedliche Varianten der Turmhaube zu sehen.
Im Teutoborger Wald regnete es leicht, was aber mein Glück war, denn so war an den Externsteinen kaum was los. Der wolkenverhangene Himmel verlieh der dunkle Mauer aus Sandsteinfelsen eine mystische Stimmung. Die Felsen schienen auf der Waldlichtung etwas deplatziert, da in der hügeligen Waldlandschaft ansonsten keine Felsen zu sehen waren, während die Externsteine wie vergessen dastanden. Kein Wunder also, dass die Steine im Laufe der Jahre eine große kulturgeschichtliche Bedeutung gewannen.  
Die Ruinen der Falkenburg waren sehr beeindruckend. Leider waren nur noch der Sockel eines Turms und Reste der Grundmauern vorhanden. Der Blick auf das Umland war aber sehr schön und ich hätte gerne gewusst, wie die Burg früher ausgesehen hatte.
Die Nacht verbrachte ich an einem schönen Platz direkt an der Weser. Am nächsten Morgen schien die Sonne durch die Nebelschwaden, die über Fluss und Wiesen hingen und versprach einen Schönen Sonnentag, den ich aber großteils auf der Autobahn verbrachte. Ich verließ das Weserbergland Richtung Nordwesten. Die Landschaft wurde immer flacher bis schließlich der Nordseedeich die einzige Erhebung weit und breit war. Bei Greetsiel testete ich nochmal Landvergnügen bei einem Restaurant auf einem alten Hof. Ich stand auf einer alten Mistplatte aber da es auf dem Hof keine Tiere mehr gab, hatte ich auch keine Fliegen im Bus.
Greetsiel war ein schönes kleines friesisches Dorf mit einem historischen Kern. In vielen kleinen, gemütlichen Läden gab es allerlei Souveniers und Kunsthandwerk zu bestaunen und es gab eine breite Auswahl an Restaurants, in denen man schön sitzen und den Blick auf das Hafentreiben genießen konnte. Zum Abschluss der Reise gönnte ich mir einen Fischteller mit Kartoffeln und Lauchgemüse, der hervorragend schmeckte.
Den Abend verbrachte ich am Pilsumer Leuchtturm, der mit seinen roten und gelben Streifen auch als Otto-Leuchtturm bekannt ist. Auch hier waren angesichts der etwas späteren Stunde kaum Leute unterwegs. Der freie Blick auf die unendlichen Weiten des Meeres tat gut und sorgte für Freiheitsgefühle. Die letzten Wochen war ich viel in den Bergen oder im Wald und hatte kaum Chance, etwas weiter zu sehen. In der weiten Landschaft standen einem gefühlt alle Wege offen, was in den Alpen nicht so war. Zum Einen versperrten die Berge die Sicht aber es wäre auch gar nicht möglich gewesen andere Wege als die vorgegebenen zu gehen, da steile Felswände und tiefe Abgründe unüberwindbare Hindernisse darstellten. Diese gab es zwar in den Wäldern Mitteldeutschland weniger, dafür verlor man zwischen den unzähligen Bäumen leichter die Orientierung und war dem Wetter wehrloser ausgeliefert, da man Wetteränderungen erst spät kommen sah und sich kaum darauf vorbereiten konnte, während man im flachen Norddeutschland sehen konnte, wie das Wetter in den nächsten Stunden wird. Es stellte sich mir die Frage, welchen Einfluss die Landschaft auf den Charakter und das Miteinander der Menschen hat.
Warum ich nach Cuxhaven gefahren bin, weiß ich selbst nicht so genau. Ich war bereits vor Jahren an der Elbmündung und hatte den Ort in schöner Erinnerung, was aber auch am damaligen Aprilwetter mit Regen, Sonne und Regenbogen gelegen haben mag. Jetzt brannte die Sonne vom Himmel, es war sommerliche Hochsaison und dementsprechend viel los. Die Hotelburgen am Strand waren eher zum Abgewöhnen und nach Fischbrötchen und Nutella-Bananen-Crêpe machte ich mich auf die Suche nach schöner Natur. Die  Cuxhavener Küstenheiden waren kleiner als gedacht und menschenüberlaufen, aber trotzdem schön.
Die letzte Nacht verbrachte ich an einem schönen Platz direkt am Nord-Ostsee-Kanal. Ab und zu tuckerten kleinere Schiffskolonnen vorbei, ansonsten war es ruhig.
Nach den zweieinhalb Wochen Deutschlandreise hatte ich das Gefühl, Deutschland etwas mehr zu kennen, aber auch nur an der Oberfläche gekratzt zu haben. Dieses Land, das von der Nordsee bis an die Alpen reicht ist mit seinem historischen Hintergrund so vielfältig, dass ein normaler Urlaub viel zu kurz ist, um tiefer einzutauchen. Unberührte Natur, die mir so wichtig ist, habe ich hier in der sächsischen Schweiz und in den Alpen gefunden, wobei ich mir sicher bin, dass es noch mehr unberührte Landschaften gibt. Dünn besiedelte Gebiete, in denen die Natur sich entfalten kann, finden sich wohl nur in Ostdeutschland. Fest steht, dass es noch weitere Deutschlandreisen geben wird.

Fotos von der Reise gibt es hier.