Dänemarkrundreise 2017
Nachdem ich mit im November einen Bus gekauft hatte, den ich in den letzten Monaten zum Campingbus ausgebaut habe, beschloss ich spontan, meine zweite Urlaubswoche zu nutzen und in den Urlaub zu fahren. Fest stand, ich wollte Meer, schöne Landschaft, nicht weit fahren und eine unbekannte Gegend. Die Wahl fiel auf Dänemark. Ich entschied mich für eine Rundreise bzw. einen Roadtrip an der Nordseeküste, da mir die Ostseeküste nicht sonderlich spannend erschien.
Tag 1: Sonntag 16. April 2017
Ich verließ Kiel bei typischem Aprilwetter: Sonne, Wind und Regen.
Der erste Halt war Flensburg. Zwar nicht unbedingt Ausland und schöne Landschaft, aber eine Stadt, in der ich noch nie war und von der ich bisher nur Gutes gehört hatte. Es erwartete mich eine kleine Stadt mit vielen verspielten Jugendstil-Häuschen, verschachtelten Innenhöfen, engen Gässchen und prunkvollen Staatsbauten in denen Gerichte, Museen und Schulen beheimatet waren. Der Hafen beeindruckte mit vielen Traditionsseglern, einer alten Werft und kleinen Fischerhäuschen. Nur das Wetter trübten den Eindruck der Hafenstadt. Immer wieder platzten kräftige Regenschauer aus den Wolken und verliehen der Stadt einen leicht trostlosen Eindruck.
Am Abend fuhr ich weiter nach Norden. Die freundlichen Beamten an der Grenze winkten mich durch und so konnte ich unbeschwert nach Dänemark rollen.
In der Nähe von Kolding fand ich einen schönen Parkplatz am Wasser, an dem man leider nicht übernachten konnte – Zelte und Wohnmobile verboten. Ich kochte auf einer Bank mein Abendessen und genoss den Blick über das Wasser und den abendlichen Himmel. Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen, die großen Wolken zogen über der Ostsee ab und gaben die Sicht auf einen rot-gelb-blauen Abendhimmel frei.
Zum Schlafen parkte ich auf einem ruhigen Parkplatz im Wald und ließ mich von Eulen und Uhus in den Schlaf singen.
Tag 2: Montag 17. April 2017
Am Morgen zeigte das Thermometer auf meinem Wecker 1,7°C. Beim Frühstück beobachtete ich zwei Adler, die über den Bäumen in der Morgensonne kreisten.
Auf dem Weg Richtung Skagen, dem nördlichsten Punkt Dänemarks, zogen immer wieder dicke Regenwolken über das Land. Ich fuhr durch eine flach bis hügelige Landschaft und kam nach ca. 3,5 Std. in Skagen an. Ich parkte meinen Bus am Hafen, schwang mich auf mein Klapprad und suchte den Weg zum Strand in Richtung Grenen, dem nördlichsten Zipfel Dänemarks.
Der Weg führte mich durch ein lebloses Hafengelände, in dem viele Schiffe in den Docks lagen. Aus einigen Hallen ertönte Maschinenlärm ansonsten war es still.
Endlich war ich am Strand angekommen. Das Wetter war rau: der Wind peitschte die Wellen auf den Strand. Auf dem Wasser lagen dunkle Tanker vor Anker und warteten darauf, mit Ladung befüllt zu werden. Über dem Kattegat hingen dunkle Wolken und ein einsamer Kitesurfer zog vor gewaltigen Regenvorhängen seine Bahnen.
Am Strand gab es zahlreiche kleine Bunker. Dunkel und schief standen sie am Strand. Halb im Sand begraben oder von Wellen umspült vermittelten sie einen trostlosen Eindruck und weckten dunkle Erinnerungen an eine Zeit, in der es das Kattegat als Eingang zur Ostsee vor dem Feind zu verteidigen galt.
Die Landzunge Grenen war sehr beeindruckend. Hier treffen die beiden Meere Kattegat (Ostsee) und Skagerrak (Nordsee) aufeinander. Der Wind kam plötzlich aus zwei Richtungen gleichzeitig und peitschte die Wellen an beiden Ufern auf den Strand. Weiter draußen, wo die Sandbank schon vom Wasser überspült war, trafen die Wellen direkt aufeinander, brachen sich aneinander oder flossen ineinander. Ein Schauspiel, das in der Erzählung sehr unrealistisch klingt, da der Wind eigentlich nie gleichzeitig aus zwei unterschiedlichen Richtungen kommt.
Am Auto angekommen, war die Straße nass. In Skagen hatte es wohl geregnet. Ich hatte zwar immer auf die Regenvorhänge geschaut, war jedoch trocken geblieben. Ich fand einen schönen Stellplatz auf einem ruhigen Parkplatz im Wald. Nach dem Abendessen erkundete ich noch die Umgebung. Der Wald hatte etwas von Urwald: kleine verkrüppelte Kiefern krallten sich in einen sandigen Boden. Der Wind hatte sie in eine Richtung gedrückt und ließ sie schief stehen. Auf dem Boden lagen viele Äste und alles war von einem dichten Teppich aus Moos und Flechten bedeckt. Ich kam an einigen Bunkern vorbei und schließlich an eine Wiese, die etwas Weitblick erlaubte. Am Ende der Wiese begann wieder Wald und hinter dem Wald ragten riesige Dünen hervor, die etwa die doppelte Baumhöhe hatten: Råbjerg Mile. Ich fuhr bis an die Dünen heran, band mein Fahrrad an einen Baum und stapfte den ersten ca. 30m hohen Sandberg hinauf. Oben angekommen blickte ich auf eine Wüstenlandschaft. Eine weite Sandebene, die von einem hohen Dünenkamm umsäumt war, erstreckte sich vor mir. Ich ging weiter auf die höchste Düne und hatte einen atemberaubenden Blick über den Wald und das Meer. Dort leuchteten die ersten Tonnen und am Horizont zogen die Schiffe langsam vorbei. Irgendwo krähte ein Kranich und der Wind raschelte leise im trockenen Dünengras.
In der letzten Dämmerung fand ich den Weg zurück zu meinem Bus aber eines stand fest: bevor ich weiter fuhr musste ich nochmal in den Dünen wandern.
Tag 3: Dienstag 18. April 2017
Nach dem Frühstück fuhr ich nochmal in die Dünen. Im Osten stapfte ich über die hohen Dünen und genoss den Ausblick über die Sandwüste. Wäre dahinter nicht der Wald und das Meer gewesen, hätte man auch meinen können, man sei in der Wüste. Da es sich bei diesen Dünen um Wanderdünen handelte, die vom Westwind jedes Jahr einige Meter nach Osten versetzt werden, fielen sie im Osten steil ab und begruben den Wald gnadenlos unter sich. Im Westen mündeten sie sanft in eine weite Ebene und gaben am Ende eine moorig-feuchte Landschaft und zahlreiche verkrüppelte, morsche Äste frei – die Reste des Waldes, den sie einst begraben hatten.
Nach einer ausgedehnten Wanderung fuhr ich an der Nordseeküste entlang Richtung Süden. Nach ca. 1 Std. erreichte ich Rubjerg Fyr, einen Leuchtturm, der langsam von einer Wanderdüne begraben wird. Die ockerfarbenen, 70m hohen Dünen ragten über einem grün-braunen Sanddorngestrüpp in den knallblauen Himmel und fielen nach hinten steil in die türkies-blaue Nordsee ab. Zwischen den hohen Dünen stand der Leuchtturm. Um den Turm herum lagen zahlreiche Backsteine. Fundamente und Mauerreste ließen vermuten, dass dort früher ein Haus stand. Später las ich, dass dies die Reste der beiden Leuchtturmhäuser waren, die in den 70er Jahren noch gut erhalten waren. Der Wind blies jedoch stetig Sand die Steilküste hinauf. Es bildete sich eine riesige Düne, die in den letzten 100 Jahren alles unter sich begrub. Auch die Wärterhäuschen fielen ihr zum Opfer. Nur der Leuchtturm konnte den Sandmassen trotzen, aber auch sein Ende ist absehbar.
Vom Leuchtturm aus bot sich ein schöner Rundumblick auf das Hinterland und die tiefblaue Nordsee. Unterhalb der Dünen und der Steilküste erstreckte sich ein einsamer Strand an dem sich langsam die Wellen brachen.
Von Rubjerg Knude ging es weiter Richtung Südwesten nach Hanstholm. Unterwegs kam ich am Limfjord vorbei, einem riesigen See, der den nördlichen Teil Dänemarks vom südlichen Festland trennt. Teilweise ging die Straße direkt am Wasser entlang. Am Ufer rasteten zahlreiche Vögel und das endlose Wasser glitzerte in der Sonne.
In Hanstholm besichtigte ich Hanstholm Fyr, den ältesten Leuchtturm an der Westküste Jütlands, und genoss den Ausblick über die Nordsee und den Nationalpark Thy.
In der Abendsonne fuhr ich durch die karge Dünenlandschaft des Nationalparks auf der Suche nach einem schönen Stellplatz. Das war gar nicht so einfach, denn an allen schönen Parkplätzen war das Parken entweder zwischen 22 und 7 Uhr verboten oder auf wenige Stunden begrenzt. Ich kochte An einem schönen See zu Abend, beschloss den Sonnenuntergang am Strand zu genießen und mir anschließend in einem Waldweg einen Platz für die Nacht zu suchen.
Ich fuhr in das nächste Dorf, das auf der Karte eingezeichnet war, und landete zufällig in einem historisches kleinen Fischerdorf: Stenbjerg Landningsplads. Die Straße war von kleinen weißen Häuschen aus Stein gesäumt, die direkt am Strand lagen. Auf dem Strand stand ein Fischerboot neben einem Bootswagen. Die Abendsonne kam unter den Wolken hervor und tauchte alles in ein warmgelbes Licht. Ich wanderte ein Stück am Strand entlang.
Die Wellen brachen sich in langen Abständen Strand und spülten dabei viele kleine Steine an, die auf das laute Rauschen der brechenden Wellen ein leiseres Rascheln erzeugten. Beides zusammen ergab ein beruhigendes, langsames, Meeresrauschen, wie ich es bisher nur auf Tonaufnahmen gehört hatte.
Nachdem die rote Sonne ins Meer gefallen war, fand ich zwischen den Dünen einen Parkplatz an dem man ohne Einschränkung auch nachts stehen durfte.
Tag 4: Mittwoch 19. April 2017
Am Morgen wachte ich von den Vögeln auf, die auf dem Bus hin und her hüpften und mit ihren Krallen auf dem Blechdach ein kratzendes Geräusch erzeugten.
Die erste Station war Lodbjerg Fyr – ein Leuchtturm am südlichen Ende des Nationalpark Thy. Ich wanderte ein wenig durch die Dünen und am Strand um den Leuchtturm herum und fuhr weiter nach Süden bis an den Limfjord. Das Land zwischen Fjord und Nordsee wurde immer schmaler und reduzierte sich schließlich auf die Straße, die neben einem schmalen Dünenstreifen direkt am Wasser ca. 7 Km geradeaus ging. Das Ende der Straße war nicht zu sehen. Es verschmolz am Horizont mit dem Limfjord, der auf der linken Seite ins Endlose reichte. Eine Straße ans Ende der Welt?
Schließlich erreichte ich einen Fähranleger und setzte mit der Fähre nach Thyborøn über. In dem kleinen Fischerdorf blickte ich kurz über den Strand. Dort erinnerten zahlreiche Gedenksteine an die während der Skagerrakschlacht 1916 gefallenen Soldaten. Neben den Gedenksteinen standen magere Holzgestalten in Weiß und mahnten vor den grausamen Revierkämpfen.
Auf der Bundesstraße 181 fuhr ich weiter gen Süden. Auf der rechten Seite versperrten hohe Dünen die Sicht auf die Nordsee. Zur Linken erstreckte sich eine endlose Landschaft. Immer wieder kam ich an Fjorden vorbei: großen Seen, bei denen man das andere Ufer nicht sehen konnte, und die über einen schmalen Durchbruch mit dem Meer verbunden waren. Am Bovbjerg Fyr, einem kleinen roten Leuchtturm, der auf einer grasbewachsenen Steilküste thronte, machte ich Mittagspause.
Am Abend erreichte ich Lyngvig Fyr, einen weißen Leuchtturm zwischen Nodrsee und Ringkøbing Fjord und begann die Suche nach einem Stellplatz für die Nacht. Dies war ein ähnlich schwieriges Unterfangen wie am Vorabend. An den schönen Stellplätzen war das Parken nachts verboten und Waldwege gab es in dieser Gegend kaum. Ich aß an einem Strandplatz zu Abend, genoss den Sonnenuntergang, der eigentlich keiner war, weil die Sonne hinter pfirsichfarbenen Wolken verschwand und beschloss noch am selben Abend weiter nach Rømø zu fahren, wo ein Freund mit seiner Familie ein Ferienhaus gemietet hatte. Spät abends kam ich dort an und konnte dort auf der Auffahrt ruhigen Gewissens stehen bleiben.
Tag 5: Donnerstag 20.April 2017
Nach einem ausgiebigen Frühstück mit dänischen Blätterteigbrötchen (Birkes), unternahmen wir einen ausgiebigen Strandspaziergang. Und erkundeten den Norden der Insel in dem ich noch nie war. Wir stiegen auf die höchste Düne der Insel und besichtigten Rømøs Schule, die älteste und kleinste Schule Dänemarks: ein reetgedecktes Backsteinhaus, kaum größer als eine Gartenbude.
Das Wetter war kalt und windig, sodass wir den Abend am warmen Ofen verbrachten und DiXit spielten.
Tag 6: Freitag 21. April 2017
Am Morgen war der Himmel grau und im Laufe des Vormittags begann es zu nieseln. Ich ließ mich vom Wetter jedoch nicht abschrecken und machte einen ausgedehnten Spaziergang am Südstrand der Insel wo ich noch einige Bernsteine und schöne Treibhölzer fand. Gegen Mittag wurde der Regen stärker. So gönnte ich mir noch ein Krabbenbrötchen und fuhr anschließend nach Kiel zurück.
Fotos von der Reise gibt es hier.